führen-heißt-auch-folgen-wie-geteilte-verantwortung-gelingt – Zwei Business-Personen im Gespräch beim Gehen durch ein modernes Bürogebäude, im Hintergrund ein Team in Austausch

Führen heißt auch folgen: Wie geteilte Verantwortung gelingt

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„Wer immer führen will, hat Führung nicht verstanden.“

Führung neu zu denken heißt, sich von überholten Bildern des Einzelentscheiders zu verabschieden. In einer Welt, die sich schnell verändert und in der Fachwissen, Perspektiven und Kompetenzen verteilt sind, reicht es nicht mehr aus, „die Richtung vorzugeben“. Führung heute heißt: Raum geben, Verantwortung teilen – und auch selbst bereit sein, zu folgen.

Denn wer führen will, muss zuhören können. Muss den Mut haben, eigene Positionen infrage zu stellen, andere in den Vordergrund zu lassen und situativ Verantwortung abzugeben. Das ist kein Kontrollverlust – sondern Ausdruck von Vertrauen, Haltung und echter Zusammenarbeit.

Geteilte Verantwortung ist kein Konzept für eine ferne Zukunft, sondern bereits Realität in vielen erfolgreichen Teams. Der Schlüssel liegt darin, Führung nicht als Position, sondern als Rolle zu verstehen – eine Rolle, die wechseln darf. Dieser Artikel zeigt, wie geteilte Verantwortung gelingen kann, welche Haltung sie braucht und warum Followership zur zentralen Kompetenz moderner Führung wird.

Key Takeaways – Was du aus diesem Beitrag mitnehmen solltest:

  • Führung ist kein Titel, sondern eine Haltung.
    Wer immer führen will, ignoriert, dass gute Führung heute auch darin besteht, anderen die Bühne zu überlassen.

  • Geteilte Verantwortung stärkt das Wir-Gefühl.
    Shared Leadership ermöglicht es Teams, gemeinsam zu tragen, zu entscheiden und zu gestalten – statt Lasten auf Einzelne zu legen.

  • Folgen ist eine aktive Kompetenz.
    Wer folgen kann, übernimmt Verantwortung, denkt mit, handelt mit – und schafft damit die Basis für gelingende Zusammenarbeit.

Führen heißt auch folgen – wie geteilte Verantwortung gelingt: Illustration von vier Personen im Gespräch, sinnbildlich für Raum geben und gemeinsames Gestalten
  • Klarheit schafft Vertrauen.
    Rollen, Zuständigkeiten und Entscheidungsräume müssen definiert sein – ohne starre Hierarchien, aber mit klaren Spielregeln.

  • Shared Leadership braucht Struktur UND Beziehung.
    Weder Tools noch gute Absichten reichen: Erst durch gelebte Reflexion, Feedback, emotionale Intelligenz und Verbindung wird Führung wirklich geteilt.

  • Nur wer führen kann, wenn niemand hinsieht, folgt überzeugend, wenn es drauf ankommt.
    Gute Führung beginnt dort, wo Kontrolle endet – und Haltung beginnt.

Wer nicht folgen will, sollte besser gar nicht führen

Die Haltung hinter dem Prinzip

Traditionelle Führung setzt auf Kontrolle, Einzelentscheidungen und den einen starken Anführer. Doch Wissenschaft zeigt: Führung funktioniert heutzutage anders. Followership – also die Fähigkeit, sich situativ zurückzunehmen und andere anzuerkennen – ist kein Makel, sondern Schlüsselkompetenz für moderne Führung.

So betonen etwa Larson und Kollegen in ihrer Studie „Followership as a Key Ingredient for Shared Leadership“:

„followership is not only a necessary ingredient for high levels of shared leadership to exist within a team, but it underpins more functional team interactions“ Hier nachlesen.

Ohne aktives Folgen keine gemeinschaftliche Führung – weil jeder Beitrag zählt und jeder Moment, in dem ich anderen den Vortritt lasse, Raum für Expertise schafft. Diese Haltung ist radikal: Es bedeutet, dass echte Führungsstärke zuerst in der Bereitschaft beginnt, loszulassen.

Führen heißt auch folgen – wie geteilte Verantwortung gelingt: Mehrere Personen im professionellen Meeting, aktives Zuhören und Gespräch auf Augenhöhe

Spätestens wenn jeder führt, braucht’s echte Shared Leadership

Shared Leadership – das Modell

Shared Leadership ist kein Hygienefaktor – es ist High Performance in Teams mit komplexen Anforderungen. Nach Pearce & Conger ist es definiert als „a dynamic, interactive influence process among individuals in groups for which the objective is to lead one another to the achievement of group or organizational goals“.

Und neuere Forschung zeigt: Diese Dynamik ist nicht nur nett – sie wirkt: Teams, die Führung teilen, performen oft besser als klassische Hierarchien. Eine Metastudie (Wang, Waldman & Zhang, 2014) bestätigt, dass Shared Leadership besonders bei komplexen Aufgaben signifikant zur Effektivität beiträgt.

Das Modell lebt von zwei Polen:

  • Situativer Rollenwechsel – Fachkompetenz steuert, wer wann führt.

  • Gegenseitiges Folgen – Followership ist kein Unterordnen, sondern aktive Mitgestaltung, die Führung ermöglicht. Wissenschaftler nennen das „interdependent leadership-followership behavior“.

Ein solches System bricht Machtmonopole auf und aktiviert kollektive Intelligenz. Aber: es gelingt nur, wenn formale Regeln, Verantwortungsräume und psychologische Sicherheit geschaffen werden. Nur so entsteht eine echte Kultur, in der Führen und Folgen sich organisch abwechseln – ohne chaotische Rollenverwirrung.

Vorteile & Herausforderungen: Shared Leadership ist kein Spaziergang

Was geteilte Verantwortung möglich macht:

✔ Höhere Motivation
Menschen wollen gestalten – geteilte Verantwortung aktiviert Mitdenken statt Dienst nach Vorschrift.

✔ Bessere Entscheidungen
Mehr Perspektiven, mehr Expertise – Führung im Team steigert Qualität und Innovationskraft.

Führen heißt auch folgen – wie geteilte Verantwortung gelingt: Illustration von vier Personen im Business-Outfit bei einem Gesprächsspaziergang im Grünen, sinnbildlich für moderne, gleichberechtigte Führung

 

✔ Resilientere Teams
Teams mit geteilter Führung sind flexibler, schneller und meistern komplexe Situationen souveräner.

✔ Entlastung von Führungskräften
Wer alles selbst entscheiden muss, bremst sich und andere. Shared Leadership schafft Luft und Vertrauen.


 

Was geteilte Führung herausfordert:

⚠ Rollenklarheit statt Führungschaos
Unklare Verantwortlichkeiten führen zu Stillstand oder Machtgerangel. Shared Leadership braucht klare Spielregeln.

⚠ Ego, Kontrolle, Unsicherheit
Nicht jeder kann sofort loslassen. Der Weg zu geteilter Verantwortung braucht innere Arbeit – und Führungshaltung.

⚠ Kommunikation als Nadelöhr
Was nicht angesprochen wird, wird auch nicht geteilt. Ohne kontinuierlichen Dialog bleibt geteilte Führung Theorie.

Rahmenbedingungen für wirksame Umsetzung: Struktur schafft Spielraum

🎯 1. Klare Rollen & Zuständigkeiten

Wer übernimmt was – und wann?
Ein gemeinsames Verständnis zu Aufgaben, Entscheidungsbefugnissen und Grenzen ist unverzichtbar. Dabei gilt: Rollen dürfen wechseln – aber niemals verschwimmen.

🧭 2. Führung als Haltung – nicht als Position

Wer führt, übernimmt Verantwortung – nicht Macht.
Führung kann situativ wechseln, muss aber immer mit Haltung gefüllt sein: Zuhören, Verstehen, Steuern. Das braucht Reflexion und gelebte Vorbilder.

💬 3. Kommunikationsräume schaffen

Regelmäßige, strukturierte Dialogformate:

  • Reflexionsrunden

  • Rollenfeedback

  • Entscheidungsreviews
    Denn: Nur wer redet, kann Verantwortung teilen.

🤝 4. Vertrauen als Fundament

Shared Leadership funktioniert nicht mit Misstrauen im Nacken.
Offenheit, Fehlerfreundlichkeit und psychologische Sicherheit machen den Unterschied. Ohne sie wird Führung wieder zum Einzelsport.

Praxisbeispiele & Anwendungsfälle

Geteilte Verantwortung ist kein abstraktes Konzept. In der Praxis zeigt sich, wie stark Teams werden können, wenn sie Führung dynamisch denken – jenseits von Positionen.

Projektteams mit wechselnder Steuerung:
Ein Teammitglied bringt fachliche Tiefe, ein anderes kommunikative Stärke. Führung wechselt je nach Phase – ohne dass die Gesamtverantwortung zerfällt.

Vertikale und horizontale Führungskombination:
Ein:e Bereichsverantwortliche:r teilt sich die Leitung mit einer Person aus dem Team. Entscheidungen werden gemeinsam vorbereitet, die Führung ist transparent und nachvollziehbar.

Ad-hoc-Führung in Krisen:
In dynamischen Situationen übernimmt spontan, wer die nötige Kompetenz und Übersicht hat – nicht zwingend die ranghöchste Person. Nach der Situation erfolgt eine Rückführung in die etablierte Struktur.

Cross-funktionale Teams:
Vertreter:innen unterschiedlicher Abteilungen übernehmen temporär die Führung für Themenfelder – auf Zeit, mit Rückkopplung. Die Führungskraft bleibt in einer coachenden Rolle.

Diese Anwendungsfälle zeigen: Shared Leadership ist möglich – aber nicht selbstverständlich. Es braucht Haltung, Struktur und die Bereitschaft, an den eigenen Mustern zu arbeiten.

Haltung stärken – Führen lernen durch Folgen

Führung beginnt bei Selbstführung. Und Selbstführung beginnt dort, wo wir die eigene Kontrollillusion erkennen. Wer führen will, muss auch folgen können – und zwar aktiv, konstruktiv und wachsam.

Gute Follower:innen bringen drei entscheidende Qualitäten mit:

  • Reflexionsfähigkeit: Sie wissen, wann sie unterstützen, wann sie challengen und wann sie loslassen müssen.

  • Verantwortungsbereitschaft: Sie übernehmen Verantwortung für ihr Handeln – auch ohne formellen Auftrag.

  • Beziehungsintelligenz: Sie erkennen Spannungen, navigieren Konflikte und bauen Brücken.

Führungskräfte, die diese Qualitäten selbst leben, schaffen Vertrauen. Sie signalisieren: Es geht nicht um Status, sondern um Sinn und Wirkung. Genau hier entsteht die neue Führungskultur.

Fazit: Shared Leadership ist kein Trend – es ist ein Reifegrad

„Wer Kontrolle nicht teilen kann, wird auch Wirkung nicht teilen.“

Geteilte Verantwortung ist kein Modell für Idealist:innen, sondern Ausdruck einer reflektierten, zukunftsfähigen Organisation. Sie verlangt Klarheit, Haltung und gelebte Kommunikation.

Die Schwäche liegt nicht im Konzept – sondern in der halben Umsetzung:
Unklare Rollen, fehlender Mut zum Loslassen und Etiketten ohne Substanz.

Shared Leadership gelingt nur, wenn Führung als gemeinsames Verantwortungssystem verstanden wird.
Nicht perfekt, aber bewusst. Nicht bequem, aber wirksam.

FAQ

Moderne Führung bedeutet nicht, immer im Vordergrund zu stehen. Wer führt, muss auch folgen können – z. B. dann, wenn andere mehr Expertise haben oder situativ besser entscheiden können. Folgen ist kein Rückschritt, sondern ein Zeichen von Vertrauen, Reflexionsfähigkeit und Haltung.

Shared Leadership ist ein Führungsmodell, bei dem Verantwortung bewusst auf mehrere Personen verteilt wird – je nach Thema, Situation und Kompetenz. Im Unterschied zur klassischen Führung geht es nicht um Machtverteilung von oben, sondern um die bewusste Gestaltung eines Verantwortungssystems im Team.

Geteilte Führung (Shared Leadership) ist bewusst gesteuert und basiert auf klarer Kommunikation, abgestimmten Rollen und geteilten Entscheidungen. Verteilte Führung (Distributed Leadership) beschreibt eher die informelle Verteilung von Einfluss in Teams – oft unstrukturiert und ohne klares Rollenverständnis.

Shared Leadership braucht Klarheit – keine Komplexität. Wenn Rollen, Entscheidungswege und Kommunikationsroutinen definiert sind, entsteht Orientierung. Chaos entsteht dort, wo Verantwortung zwar geteilt wird, aber niemand weiß, wie.

In komplexen, agilen oder interdisziplinären Umfeldern, wo Zusammenarbeit, Wissen und Dynamik gefordert sind. Besonders in Projektarbeit, Entwicklungsprozessen oder bei flachen Hierarchien kann Shared Leadership sein volles Potenzial entfalten.

Autorin:

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Der moderierte Teamdialog eignet sich besonders dann,

  • wenn schnelle, spürbare Fortschritte („Quick Wins“) gebraucht werden,
  • oder wenn vermeintlich festgefahrene Situationen endlich lösungsorientiert in Bewegung kommen sollen.
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